Das Gottfried August Bürger Museum

      

Bereits vor 1945 gab es in Molmerswende eine Gottfried-August-Bürger-Gemeinde. Darüber ist nichts Näheres bekannt. Am 5.03.1948 erfolgte eine Neugründung, zunächst mit 6 Mitgliedern, nach kurzer Zeit waren es bereits 32. Vorsitzender war Friedrich Keubler-Böhm, der Sohn des ehemaligen Reichstagsabgeordneten (der sich ebenfalls für Bürger einsetzte) aus Molmerswende.

Zum 200. Geburtstag des Dichters wurde am 8. Januar 1948 eine "Bürger"-Feier in Molmerswende veranstaltet. Aus diesem Anlaß stellte die Landesregierung von Sachsen-Anhalt 3 000 M bereit. Damit konnte das erste kleine Museum eingerichtet werden, es bestand nur aus einem Raum. Die Inventarliste enthält 21 Objekte. Dieses Museum bestand bis 1953 und wurde von dem Lehrer Georg Langlotz betreut.


Die SED-Kreisleitung überführte die Bürger-Gemeinde in den Kulturbund, trotzdem existierte die Bürgergemeinde bis 1954.


Das Geburtshaus Bürgers wurde nach dem 2. Weltkrieg als Wohnhaus genutzt.

Für die Geschichte des Museums spielt Robert Poppe eine besondere Rolle. Er war von

1964 an Bürgermeister in Molmerswende. Das Bild aus der "Freiheit" vom 29.06.1979

zeigt ihn mit dem damaligen Museumsleiter Arno Krüger.



Das Volksfest zum 125. Geburtstag der Feuerwehr 1965 wurde zu einer großen Bürgerfeier umgewidmet: bis zu 400 Einwohner, auch aus den benachbarten Dörfern, probten fast ein Jahr für den historischen Umzug. Poppe organisierte Mitstreiter und beschaffte Geld. Radio DDR berichtete mehrfach aus Molmerswende, Bach-Preisträger Christian Collum spielte oft auf der Orgel der Dorfkirche - um nur ein Beispiel zu nennen. Heute hängt ein Portrait Robert Poppes am Eingang des Museums.


Ähnliche Feste fanden seitdem jährlich statt. Dabei wurde auch regelmäßig eine Bürger-Medaille vergeben.


Unter fachlicher Anleitung von Dr. W.Friedrich und Prof.Th. Höhle (MLU-Halle, Sektion Germanistik) wurde auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Robert Poppe 1965 ein aus zwei Räumen bestehendes Museum eingerichtet: ein Raum war Bürger gewidmet, ein Raum seinem "Münchhausen". Von 1968 bis 1983 war Arno Krüger Leiter des Museums.

Seit 1983 wird das Haus nicht mehr bewohnt, deshalb konnte das ganze Gebäude genutzt werden.


1993 wurde mit den Vorbereitungen zur Neugestaltung des Museums begonnen. Der 1991 gegründete Freundeskreis Kunst und Literatur Harz e.V. unter Leitung von Renate Koschitzki beteiligte sich an der Planung und Durchführung dieses Vorhabens. Unter fachlicher Anleitung von Herrn Prof. Thomas Höhle (Uni Halle) erarbeiteten Herr Dr. Scholke (Gleimhaus Halberstadt) und der Dipl. Graphikdesigner Czechowski (Halle) das Projekt. Aus Anlaß des 200. Todestages Bürgers wurde 1994 das Museum in seiner jetzigen Form eröffnet.

   

Die Hintergründe für die Einrichtung des neuen Bürgermuseums, sein Konzept des Museums sowie die räumliche als auch inhaltliche Gliederung legt Prof. Höhle in seiner Arbeit von 1996 dar. Nicht zuletzt weist er auch auf den im Wort "Literaturmuseum" selbst steckenden Widerspruch hin. Der Dichter Gottfried August Bürger und sein Museum

     

Einen Schwerpunkt des Museums bildet das Thema "Münchhausen" - diesem Thema ist ein separater Raum gewidmet. Das Museum verfügt über eine umfangreiche Sammlung von Münchhausen-Ausgaben. Eine vollständige Liste der Ausgaben mit der Ansicht des jeweiligen Buches sowie den bibliographischen Daten finden Sie in folgenden links:

Liste-1 Liste-2      (nach Illustrator geordnet, noch nicht vollständig)

Anschrift: Bürger-Museum

                 06543 Molmerswende

                 Hauptstr. 14

                 Tel. + Fax : (034779) 20580 oder 20247

                        

Öffnungszeiten: ganzjährig

                  Dienstag bis Freitag   10.00 - 16.00 Uhr

                  Sonnabend                  13.00 - 16.00 Uhr

                  Sonntag                       10.00 - 12.00 Uhr

                  und nach Vereinbarung

                                   
                                                           

Neu im Museum (2007): Bereicherung der deutschen Sprache durch Gottfried August Bürger

In der "Zeitschrift für Deutsche Wortforschung" 1912/13 ist ein Beitrag von Charles Reining mit dem Titel "G. A. Bürger als Bereicherer der deutschen Sprache" enthalten. Als Ergebnis von Forschungsarbeiten werden 1018 deutsche Worte gefunden, die auf Bürger zurückgehen. Das beginnt mit "Ackerflur" und endet bei "Zottellöckchen". Selbst häufig gebrauchte Worte wie "Lausejunge", "querfeldein" oder "Haremswächter" gehen auf Bürger zurück.

Einige der häufigsten dieser Wortbildungen sind im Museum präsentiert.


Neu im Museum (2006) ist das Thema "Bürger in der Ruhmeshalle Walhalla".

Hier der auf einer Tafel im Museum gezeigte Text:


Nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon 1807 ließ Bayernkönig Ludwig I. (1786 – 1868) am Donauufer bei Regensburg die Ruhmeshalle Walhalla (wörtlich: Totenhalle) errichten. Ziel war es,
„rühmlich ausgezeichnete Teutsche“
in einem Ehrentempel des Vaterlandes zu vereinen. Im Jahre 1842 wurde die Walhalla eröffnet. Ludwig I. verfügte:

„Kein Stand nicht, auch das weibliche Geschlecht nicht, ist ausgeschlossen. Gleichheit besteht in der Walhalla, hebt doch der Tod jeden irdischen Unterschied auf.“

Zu den 160 Geehrten gehörten Persönlichkeiten teutscher Zungeaus Schweden, Österreich, England, Holland, Russland, der Schweiz und dem Baltikum. Die Ehrung erfolgt durch Aufstellung einer Büste oder einer Gedenktafel. Für die Geehrten gibt es keine Laudatio, hier macht Gottfried August Bürger, der zur „Stammbesetzung“ der Walhalla gehört, eine Ausnahme. Der kunstbeflissene Ludwig I. verfasste persönlich einen Lebenslauf des von ihm sehr geschätzten Dichters. Die letzten Sätze dieses Dokumentes  ersetzen jede Lobeshymne:

 

„Kein Nachahmer, Urdichter (original) ist Bürger, in Balladen seines Vaterlandes größter. Weil er der teutschen Sprache lebendigen Ausdruck fand, auf`s Meisterhafteste anwandte, darum wurde ihm eine Stelle Walhalla`s. Wie wenn das Auge ein unbekanntes holdes Land erblickt, so ist es dem, Bürger`s Werke lesenden Teutschen; freudig überrascht sieht er seiner Sprache ungeahnte Schönheit.“ 
 
(Bürger-Lebenslauf und -Lob aus: Walhalla’s Genossen, König Ludwig I. von Bayern
Literarisch-artistische Anstalt, München 1842)

Eine sehr schöne Innenansicht der Walhalla bei Regensburg sowie Aufnahmen der Bürger-Büste von Friedrich Tieck (aus dem Jahr 1817 nach dem Aquarell von Johann Dominikus Fiorillo von 1789) können Sie in unserem Museum mit freundlicher Genehmigung der Walhalla-Verwaltung in Donaustauf sehen.

     

Demnächst werden in der Walhalla geehrt:
 

der Mathematiker Carl Friedrich Gauß – 2007,

die Philosophin Edith Stein – 2008,

der Dichter Heinrich Heine – 2009



Impressionen aus dem Museum

              

Fotos:  Heike Wolff (Molmerswende)

                                    

Originalausgabe von Althofs Bürger-Bericht

                      

Die Sammlung "Riede" mit vielen wertvollen Münchhausen-Ausgaben konnte für das Museum erworben werden und wird hier begutachtet.


Wandteppich "Münchhausen" von Friederike Happach, Halle 1973


Bürger inmitten seiner radikalen politischen Gedichte


Besonders die "Lenore" hat viele Maler beflügelt, hier Otto Schubert




Ebenfalls "Lenore": Die Toten reiten schnell - Uwe Pfeifer (Halle)




Zentral in Bürgers Leben: seine Ehefrauen. Links unten Elise Hahn, nach der Scheidung als Schauspielerin lebend.

                      

                             

Der Ort Molmerswende heute

            

Molmerswende liegt im Nordwestzipfel des Mansfelder Landes, wenige Minuten von der B242 entfernt. In der Nähe liegen Pansfelde (dort ging G. A. Bürger zur Schule) und die Burg Falkenstein, beides bildet auch den Hintergrund der Ballade "Des Pfarrers Tochter von Taubenhain".


In der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Molmerswende ca. 450 Einwohner, hinzu kamen etwa 600 Schweine, 80 Rinder und 15 Pferde - wie eine Ortschronik des Lehrers Langlotz berichtet. Heute hat Molmerswende ca. 250 Einwohner.


Hier gibt es einen Bäcker und einen Fleischer. Die "Tenne" beherbergt eine Gaststätte mit Saal für Veranstaltungen, am Flüßchen Leine zwischen Molmerswende und Pansfelde liegt das Hotel "Leinemühle". Zwei Dachdecker, ein Tischler, ein Elektriker, eine Kräuter-schule und ein Stellmacher sind im Ort tätig, einen kleineren Schweinemastbetrieb und einen Ziegenhof im Ortsteil Horbeck gibt es. Zu einem größeren Landwirtschaftsbertrieb gehört auch eine Herde Rinder. Es handelt sich um die fast ausgestorbene Rasse "Rotes Harzer Höhenvieh" - ehemals ein Dreinutzungsrind.

Urlaub in Molmerswende ist im Aufwind: zwischen Urlaub auf dem Bauernhof oder Urlaub auf dem Land sowie einem Hotelaufenthalt kann gewählt werden.

Kulturell hat Molmerswende einiges zu bieten. Es gibt eine sehr aktive Schalmeienkapelle, einen Schützenverein, einen Sportverein. Stark vertreten ist die Kunst: die Malerin Heike Wolff und der Maler Heino Koschitzki haben hier ihre Ateliers, die Töpfermeisterin Silke Becker ihre Werkstatt.

Seit 1999 finden regelmäßig an einem Wochenende im Mai die Molmerswender Kunsttage statt (siehe homepage von Heike Wolff). Rund um den Bürgergarten gibt es dabei eine Vielzahl von Veranstaltungen.

Zum 1. Advent lädt H. Wolff in ihr Atelier - mit umfangreichen Programm ringsherum.

Für alle Besucher, die sich auch einmal bewegen wollen: es gibt hervorrogende Möglichkeiten für Ausflüge auf gut beschilderten Wegen, z.B. ins Tal der Eine oder der Leine.

                  

Fotos: Heike Wolff (Molmerswende)

                

               

Filmvorführungen während der Kunsttage finden in einer alten Scheune statt.

                    

Abend im Dorf

                          

Auf dem Weg zum Druschfest 2004

                       

Ehemalige Schule mit Kirche

                     

Rotes Harzer Höhenvieh - Ochse "Kuro" bei der Körperpflege (Foto: Damert)

                  

Eine Gegend für Romantiker

               

     

                    

              Die Brandbergeiche im Jahre 2004

                  

1769 wurde an dieser Stelle die Molmerswender Kindsmörderin Elisabeth Voigtländer

gerädert - so sagt es das Schild neben diesem uralten Baum, der schon zu Bürgers Zeiten hier stand.

Ist das jedoch Realität? Der ehemalige Molmerswender Lehrer Georg Langlotz hat die Pansfelder Schulzenchronik, Molmerswende betreffend, eingesehen. Unter dem Datum 18.April 1780 steht: "Anno 1779 hat sich in Molmerswende zugetragen, daß durch liederliche Aufführung Ernst Voigtländern seine Tochter ist geschwängert worden und Büttnern sein Sohn soll Vater sein." Die Liebenden durften jedoch nicht zueinander

kommen; nach der Geburt wurde das Kind von der eigenen Großmutter erwürgt. Weiter

in der Chronik:"Das letzte Urteil brachte es endlich, daß die Mutter sollte gerichtet werden unde aufs Rad geleget. Aber die Tochter ist auf freien Fuß gestellt. Die Mutter ist aber am 18. April Anno 1780 gerichtet und aus Rad geleget worden und die Execution an ihr vollzogen worden. Sie ist oben auf Müllern seine Wiese unter der krummen Linde, wo der Weg durchs Wasser geht, gerichtet worden, das Rad steht gerade nüber auf der Trift."

Die krumme Linde gibt es nicht mehr, deshalb ist offensichtlich der Hinrichtungsort zur Brandbergeiche verlegt worden. Weshalb die Jahreszahl verändert wurde, bleibt unklar.

         

Was hat diese Geschichte nun mit Bürgers "Des Pfarrers Tochter von Taubenhain" zu

tun? Sicher nichts, denn Bürger wird von diesem Fall keine Kenntnis gehabt haben, er hat vielmehr eine typisierte Kindsmordgeschichte erdacht. Allerdings kann man annehmen, dass Bürger aus seiner Molmerswender Kindheit das Lokalkolorit mit der Burg Falkenstein gegenwärtig war und in diese Ballade eingeflossen ist.